Fake
- Felix. Roshardt

- 8. Juni
- 4 Min. Lesezeit

Wer hat das nicht auch schon gehört: Geschichten mit dem Enkeltrick, oder ein Verwandter, Freund, - wer auch immer - hatte einen Unfall und muss nun ausgelöst werden mit viel Geld. Wie viele Mails kommen fast täglich mit den Glücklos, das du gewonnen hast. Unsummen. Ein unglaublicher Geldsegen wird über dir ausgeschüttet. Du musst nur einen Link antippen um zu deinem Geldsegen zu kommen. Natürlich wissen wir alle, dass dies alles „Halunken Mails“ sind. Fake, wie es heute Neu-Deutsch heisst. Ich nenne es auch Verarschung. Ich staune immer wieder, wie viel Energie, Kraft und Zeit in solche Unterfangen gesteckt werden. Aber anscheinend zahlt sich das aus, sonst würde diese Masche nicht immer wieder angewendet. Auch die Mails mit den Apotheken, wo man alles kaufen kann, das man sonst nirgendwo erhält. Oder auch Temu. Überall, diese Werbung verfolgt einem wie ein Stalker. Allgegenwärtig. An Dreistigkeit ist bald nichts mehr zu überbieten. Auf meinem Verbandsmail habe ich letztens einen Erpresserbrief erhalten. Er behauptete, er hätte meinen Laptop gehackt und könne alle meine Schritte sehen, er hätte mich total im Griff. Ich bräuchte mich erst gar nicht bemühen, die Polizei einzuschalten, auch das könne er sofort sehen. Dann behauptete er kühn, er hätte ein Video von mir, wo ich mich selber – vor meinem Laptop – befriedigt hätte. Wenn ich nicht 1400.00 EUR zahle in Kryptowährung, sei ich fällig und er würde dieses Video online stellen und alle könnten dann sehen, was für ein grausiger Typ ich sei. Solche Dinge kann ich dann sehr locker löschen und über diesen Typen denken was ich will. (Darf ich hier so nicht wiedergeben…) Gedanken sind Zollfrei…. Wie dem auch sei, ich glaubte immer, dass ich NIE auf so einen Mist hereinfalle. Zwei Mal hat es mich schon fast erwischt. Das eine Mal mit dem Handy. Da bekomme ich ein WhatsApp, wo mich „mein Sohn“ bittet, ihm 4500 EUR zu überweisen, weil er Probleme hätte mit den Bankdaten. Ich war sprachlos. Was ist denn mit dem los?…. Ich antwortete „meinem Sohn“ nicht sehr freundlich und erst als ich mit meiner Frau darüber sprach, merkte ich, dass die Anrede an mich nie die meines Sohnes sein konnte. So kam ich darauf, dass es so eine Trick-Meldung war. Wie konnte ich nur darauf reinfallen. Ich war fassungslos und nun auch sehr misstrauisch gegenüber allem unbekanntem (bekannten). Dreimal schauen, bevor ich etwas unternehme und mit jemandem darüber reden. Eine Bekannte von uns ist einem Betrüger aufgesessen, der ihr die grosse Liebe vorspielte. Sie hatte ihm Tausende EUR schon überwiesen. Sie war eine intelligente, kluge Frau. Wir konnten nicht verstehen, dass sie darauf reingefallen ist. Erst die Bank und ihr Sohn konnten diese Angelegenheit stoppen. Wir wissen nicht, wie viel sie wirklich „investiert“ hatte.
Auch so eine gefährliche Sache ist es mit diesen Anwaltsbriefen, oder den Abschluss eines Abos. Eine Firma einer Zeitschrift, - oder eher einer Plattform – schickte mir eine Rechnung für ein abgeschlossenes Abo. Ich konnte mich nicht erinnern, dass ich jemals so ein Abo gezeichnet hätte. Je länger ich nicht bezahlte, wurden die Forderungen immer unverschämter. Zuletzt hat sich ein Inkassobüro aus Norddeutschland gemeldet und forderte weit über 500 EUR von mir. Ich habe im Internet recherchiert und herausgefunden, dass diese Plattform eine Geschäftsadresse in der Nähe von Zug angab. Ich fand diese Firma aber nicht, an ihrer Stelle war eine Autowerkstatt angesiedelt. Der Besitzer war ziemlich genervt, als ich da anrief. Er habe keine Ahnung von allem und ja, die Telefonnummer sei von seiner Firma. Er sehe sich gezwungen, diese Nummer zu ändern, weil er so viele Anrufe bekomme. Da fallen für diese Werkstätte wieder viele Kosten und Umtriebe an, die nicht nötig wären. Nur weil ein paar gemeine Typen andere Menschen bescheissen wollen. Es ist so traurig. Ich habe mir dann rechtlichen Rat eingeholt und konnte mir dieses Inkassobüro und die Plattform vom Leibe halten. Schlussendlich drohte ich ihnen mit einer Anzeige meinerseits und dann war Ruhe im Karton. Es ist einfach wahnsinnig, wie viel Zeit, Energie und Aufwand betrieben werden muss um solchen Schlaumeier das Handwerk zu legen. Dabei bin ich doch nur ein kleines Brösel in den ganzen Betrügereien, die da tagtäglich in der digitalen Welt passieren.
Auch analoge Betrügereien sind immer noch an der Tagesordnung. Diese Bettlerbanden, die uns immer wieder begegnen. Am Markt, in den Bahnhöfen. Arme Menschen, sicher, aber traurig, dass sie von Betrügern abhängig sind.
Allerdings gibt es ja auch die tagtäglichen, „legalen“ Betrügereien. Die da sind: Das Müsli beim Grossverteiler, das nicht teurer wird, aber 20g weniger Inhalt hat, zum gleichen Preis. Das merkt doch keiner. Oder die Inhaltsstoffe: keiner kennt sich da aus. Nur der Herr Lege deckt hie und da die ganze Sauerei auf. Es gäbe noch dutzende Beispiele aufzuzählen, die Liste wäre Ellenlang. Heute hat man – subjektiv, ich kann es eh nicht beweisen – das Gefühl, man wird auf Schritt und Tritt hintergangen, betrogen, über den Tisch gezogen und angelogen. Bin ich alleine mit diesem Gefühl? Hat es sich tatsächlich verstärkt? Jeder sucht irgendwie seinen Vorteil heraus zu holen. Egal ob es richtig ist oder falsch. Moralisch? Ehrgefühl? Gibt es dieses Wörter noch?
Ich habe wirklich manchmal den Eindruck, ich lebe in einer Welt voller Banditen und Halunken. Es ist mühsam immer so Misstrauisch leben zu müssen. Ich glaube meistens an das Gute im Menschen, aber die Realität belehrt mich eines Besseren.
Ich kann mich erinnern, dass wir als junge Menschen nach Spanien arbeiten gingen. Da hat uns eine Familie aufgenommen, die hatten keine Ahnung, wer wir sind, was wir tun…. Die haben einfach darauf vertraut, dass wir ehrliche Häute sind. Wir waren es. Ob diese wunderbaren Menschen das heute noch machen würden? Ich bezweifle es. Ich traute mich das – glaube ich – mir auch nicht mehr zu.
Ich wünsche euch eine gute Sommerzeit, ohne Betrügereien, ohne Enttäuschungen und ohne Nepp.
Der Pensionist



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