Selbstzerstörung?
- Felix. Roshardt
- 3. März
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 4. März

Ich habe 30 Jahre für diesen Betrieb gearbeitet. Ich habe die Chancen genutzt, die mir dieser Betrieb damals geboten hatte: Eine Verkaufslehre absolvieren, anschliessend den "eidg. dipl. F/G Spezialist" abgeschlossen,, als Fachberater F/G, Einkäufer und Ausbilder gearbeitet. Viele Seminare und berufsbegleitende interne Ausbildungen habe ich besucht. Ich war auch einige Jahre in der PEKO (Betriebsrat) tätig. Ein Unternehmen , das man sich nicht besser wünschen konnte. Wir haben viel arbeiten müssen. Wir brannten auch für diese Firma. Wir sahen uns als Familie. Es gab Konflikte - natürlich. Aber damals konnte man noch diskutieren, auch mit der Geschäftsleitung persönlich. Schon 15 Jahre bin ich nun weg, Frühpensioniert. Es war nicht ganz freiwillig und doch, ich habe mich dafür entschieden. Habe es auch nie bereut.
ABER, was passiert mit diesem Betrieb z.Zt.??? Ich entnehme der Presse, Aussagen von Freunden und einer TV Dokumentation, dass dieser wunderbare Betrieb ganz langsam aber wirkungsvoll demontiert wird. Ja, er implodiert sogar. Mit Unglaube sehe ich, was hier die Führung dieses Unternehmens veranstaltet. Die zerstören einen Betrieb, der die Nr. 1 in der Schweiz war, es war ein "Volksunternehmen", eine Genossenschaft. Heute ist es nur noch ein Schatten seiner selbst. Alles wurde Verkauft - quasi - das Schlosssilber verscherbelt.
Angefangen hat es - aus meiner Sicht - als man die wunderbaren Eigenmarken kontinuierlich ersetzte mit schnöden Markenartikeln. Irgendeiner der Manager glaubte wohl, damit könne man die Kunden gewinnen. Lächerlich, denn diese Marken hatten alle Mitbewerber sowieso. Die Stärken der Eigenmarken wurden kräftig geschwächt. Heute ist es ein Lebensmittelhändler wie jeder andere auch. Er hebt sich nicht mehr viel von den anderen Verkäufern ab. Unsere Stärke waren Eigenmarken, bei Früchte und Gemüse in bester Qualität, eine breite Auswahl mit viel regionalem Hintergrund. Ich denke da an die Erfindung in Luzern von "Aus der Region, für die Region". Viele gute Produzenten rund um Luzern lieferten uns. Eine Lieferkette, alles aus der Nähe. DIE Erfolgsgeschichte. Eine grössere Resonanz als Bio. Heute ist das europaweit ein Regelwerk. Der Betrieb hat auch diesen Zweig geschwächt: man führte dieses Logo in der ganzen Schweiz ein. Nur, was soll in Davos regional sein, wenn der Salat aus dem Thurgau kommt? Regional war auf gut 50 km beschränkt, damals. (oder etwas mehr, da bin ich mir nicht mehr so sicher) Als die deutschen Mitbewerber in der Schweiz auftraten, konnten diese punkten mit dem Preis. Aber was machte und macht die Firma? Sie macht mit bei diesem Preiskampf.. Tödlich. Wir hätten weiterhin mit freundlichem, fachkundigem Personal punkten können, mit Top Qualität und einem guten Sortiment mit starken (günstigen) Eigenmarken.
Natürlich , wenn ich in der Schweiz weile, merke ich als Kunde nicht viel, dass es dem Betrieb nicht so gut geht. Spricht man aber mit dem Personal, mit Insidern, dann wird einem rasch klar, dass es wirklich Stufe rot bis dunkelrot anzeigt.
Vor 20 Jahren war es DER Arbeitgeber in der Schweiz, (fast) alle Mitarbeiter:innen standen hinter dem Betrieb und sahen sich als Familie. Es gab eine Zeit, da war der Slogan im Betrieb: "der Mensch im Mittelpunkt"....Natürlich, es gab auch damals immer wieder Dinge, die einem nicht passten. Trotzdem, es war ein angesehener Betrieb, ein guter Betrieb, auch für Angestellte. Was ich heute so höre und sehe, ist dieser Betrieb so gut und so schlecht, wie jeder andere auch. Es gibt sogar Leute, die behaupten, die Mitbewerber - auch die aus Deutschland - hätten schon viel bessere Angebote und Bedingungen. Das kann und will ich nicht beurteilen. Dafür bin ich schon zu weit weg.
Es gab damals schon Entscheidungen der Geschäftsleitung(en) die wir Angestellte nicht nachvollziehen konnten. z.B. in überdimensionale Einkaufszentren einzusteigen. Laut Doku auch in ausländische Abenteuer ein zu steigen, die unglaubliche Summen verschlungen haben. Es ist auch unerträglich, in der Presse zu lesen (20minute.ch) dass Manager, die übergrosse Defizite hinlegten noch befördert werden. Was für ein Unternehmen kann sich solches leisten? Höchstens der Staat und die Politiker, aber kein Privatunternehmen. Weiss eigentlich die Schweizer Bevölkerung, dass sie als Genossenschafter mit haften, sollte sich dieser Konzern in Luft auflösen????? (bin mir nicht sicher, ob das rechtlich so ist, aber normalerweise, hafte als Genossenschafter. )
Wie dem auch sei. Es ist einfach traurig, wenn man einem Unternehmen zusehen muss, wie es vor die Hunde geht, ohne dass man etwas tun kann. Aber genau so ist es mit der Politik. Aufregen nützt nichts, ich kann es nicht ändern. So weh es einem tut.
Ich wünsche allen Mitarbeiter:innen dieses Unternehmens, dass sie gut über die Runden kommen und hoffen, dass alles nur eine Krise ist und sich bald alles wieder einrenkt. Vielleicht gibt es doch Manager, die sich des Ursprungs dieses Unternehmens erinnern können.
Der Pensionist
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